Die Spezialisten in der Praxisklinik für Diagnostik und Präventivmedizin in Bornheim nahe Köln und Bonn beschäftigen sich seit vielen Jahren intensiv mit Diagnose und Therapie von Vorhofflimmern.
Vorhofflimmern bedeutet bei vielen Patienten ein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall.
Eine besondere Gefahr: Rund 70% der Vorhofflimmer-Attacken werden von den Patienten gar nicht wahrgenommen.
Die Beschwerden sind oft unspezifisch: Plötzlicher Leistungsknick, Müdigkeit, Palpitationen oder Schlafstörungen treten auf. Vielen Menschen, die an Vorhofflimmern leiden, ist dies gar nicht bewusst.
„Von ganz entscheidender Bedeutung zur Frage der notwendigen Therapie des Vorhofflimmerns ist, inwieweit das Vorhofflimmern Symptome verursacht“, weiß Dr. Lunow, ärztlicher Leiter der Praxisklinik Bornheim, und verweist auf die Einteilung der „European Heart Rhythm Association“ (EHRA). „EHRA1 sind Patienten ohne Symptome, EHRA2 Patienten haben milde Symptome ohne Beeinflussung der Altersaktivität, EHRA3 Patienten haben ausgeprägte Symptome mit Beeinträchtigung der Alltagsaktivität und EHRA4 Patienten haben Symptome, die eine normale Alltagstätigkeit unmöglich machen.“
Normalerweise werden vom Sinusknoten im rechten Vorhof regelmäßig elektrische Impulse abgegeben. Dadurch ziehen sich die Muskeln des Herzens zusammen.
Bei diesen Kontraktionen wird das Blut aus den Vorhöfen in die Kammern gepumpt und von dort aus in die Gefäße. Beim Vorhofflimmern dagegen kreisen die elektrischen Erregungen in den Vorhöfen mit bis zu 500 Impulsen pro Minute. Der Herzmuskel flimmert dann, es kommt nicht mehr zu regulären Kontraktionen, das Blut bleibt im Vorhof und kann dort gerinnen.
Eine Schilddrüsenüberfunktion oder ein Bluthochdruck sowie andere Herzerkrankungen erhöhen das Risiko, ein Vorhofflimmern zu bekommen. Als Auslöser gelten auch Alkohol- und Nikotinkonsum. Man schätzt, dass in der Zukunft etwa jeder Vierte der heute 40-Jährigen in seinem späteren Leben Vorhofflimmern bekommen wird.
Rhythmusstörung verursacht Blutgerinnsel
Die Hauptgefahr des Vorhofflimmerns liegt darin, dass sich durch Thrombenbildung im Vorhof das Risiko für einen Schlaganfall stark erhöhen kann. Aus diesem Grund wird nach Beurteilung des individuellen Risikos entschieden, ob gerinnungshemmende Medikamente wie z. B. Marcumar oder Aspirin eingenommen werden müssen. Diese im Volksmund auch „Blutverdünner“ genannten Medikamente sollen die Gerinnselbildung im flimmernden Herzvorhof verhindern und so das Schlaganfallrisiko verringern.
„Wir ziehen zur Beurteilung des Schlaganfall-Risikos bei Vorhofflimmern den sog. CHA2DS2-VASc-Score hinzu“, erklärt Dr. Lunow.
„Bei Vorliegen einer Herzinsuffizienz, eines Bluthochdruckes, eines Diabetes mellitus, eines durchgemachten Herzinfarktes oder einer Durchblutungsstörung der Beingefäße, bei einem Alter von 65-74 und beim weiblichen Geschlecht bekommt der Patient einen Punkt. Über 75 Jahre und bei vorrausgegangenem Schlaganfall, Embolie oder auch bei vorrübergehende Durchblutungsstörung im Gehirn werden jeweils 2 Punkte vergeben.“
Wenn in diesem Score 2 Punkte oder mehr errechnet werden, ist eine Therapie mit Marcumar indiziert. Dabei sollte der sog. INR-Wert zwischen 2,0 und 3,0 liegen. Bei einem Score von insgesamt nur 1 Punkt kann alternativ auch Acetysalicylsäure (z. B. Aspirin) mit einer Dosierung von 75 bis 300 mg gegeben werden.
(Bild: Gerd Altmann/pixelio.de)Durchschnittlich haben Patienten ohne Marcumar oder ASS-Therapie mit Vorhofflimmern ein jährliches Risiko von ca. 6%, einen Schlaganfall zu erleiden. Dieses Risiko kann unter der Therapie mit Marcumar auf etwa 2,7% pro Jahr gesenkt werden.
Zugleich gilt es, das Risiko von Blutverdünnung und dem einer schweren Blutung gegeneinander abzuwägen.
Dabei hilft der HAS-BLED-Score. Auch hier werden Punkte vergeben: Jeweils ein Punkt für Bluthochdruck, eingeschränkte Nieren- oder Leberfunktion, Schlaganfall, eine frühere Blutung, schwankende INR-Werte, Alter über 65, chronische Medikamenteneinnahme oder starker Alkoholkonsum. Ab drei Punkten besteht ein stark erhöhtes Blutungsrisiko. Eine längerfristige blutverdünnende Medikation ist bei diesen Patienten besonders gefährlich.
Kardioversion bei Vorhofflimmern
Neben der Senkung der Thrombosegefahr steht natürlich auch die Beseitigung des Vorhofflimmerns im Vordergrund.
Ein Weg hierzu ist die elektrische DC-Kardioversion, also ein Elektroschock unter einer Kurznarkose. Hierbei wird ein Stromstoß auf das Herz abgegeben, um die Muskelzellen zu synchronisieren, d. h. eine geordnete Aktivität, ausgehend vom Sinusknoten, herzustellen. Diese Kardioversion hat Erfolgsraten von etwa 90%. Ein solcher Elektroschock ist im Notfall beim Kreislaufkollaps das Mittel der Wahl oder dann sinnvoll, wenn die medikamentöse Kardioversion nicht erfolgreich war.
Eine Kardioversion ohne vorherige Untersuchung des Vorhofes auf vorhandene Thromben kann nur durchgeführt werden, wenn das Vorhofflimmern nicht länger als 48 Stunden dauert.
Sollte es über zwei Tage schon bestehen, ist entweder eine Ultraschalluntersuchung des Herzens in Form einer sog. transösophagialen Echokardiographie (TEE) notwendig, oder es muss zunächst drei Wochen das Blut mit Medikamenten verdünnt werden. Hier kann auch niedermolekulares Heparin (Thrombosespritze) benutzt werden. Nach der Kardioversion muss noch vier Wochen weiter der Blutverdünner eingenommen werden, da sich die mechanische Aktivität des Vorhofes oft erst nach diesem Zeitraum wieder normalisiert.
Eine Kardioversion kann auch über Medikamente erzielt werden. Mit dem Wirkstoff Flecainid (z. B. Tambocor) kann das Vorhofflimmern durch Tabletteneinnahme in einen Sinusrhythmus verwandelt werden. Dieses Medikament sollte nicht gegeben werden bei einer „strukturellen Herzerkrankung“. Alternativ kann Propafenon (Rytmonorm) 450–600 mg gegeben werden. Auch dieses Medikament ist kontraindiziert bei einer strukturellen Herzerkrankung oder bei einer QT-Verlängerung. Leider können alle Medikamente die Rhythmusstörung beseitigen, auch Rhythmusstörungen auslösen.
Als eine neue Therapieform hat sich die Ablation in den vergangenen Jahren etabliert.
Hierbei handelt es sich aber um eine hocheingreifende Operation. Bei über 90% der Patienten mit Vorhofflimmern kommen die Störimpulse aus dem Gewebe an der Einmündung der Venen in den linken Vorhof. Um die Fehlzündungen zu verhindern, wird ein Katheter durch die Leistenvene in den Vorhof geschoben und das Gewebe im Bereich der Störherde erhitzt und somit verödet.
Diese Operation dauert etwa 2-3 Stunden, der Krankenhausaufenthalt meist nur 2-3 Tage. Leider liegt die Komplikationsrate dieser Ablationsoperation bei etwa 3%. Durch die Hitzeeinwirkung kann jedoch ein Loch in der Herzwand entstehen, die Speiseröhre verletzt werden oder es auch während der Operation zu einer Blutgerinnselbildung kommen. Etwa 70% der Patienten ohne sonstige Herzerkrankung sind nach einem ersten Eingriff geheilt. Wenn die Patienten älter sind oder auch noch weitere Herzerkrankungen vorliegen, sinkt die Erfolgsrate unter 50%. Wenn das Vorhofflimmern nach 3-5 Monaten erneut auftritt, muss wieder operiert werden.
Frequenzkontrolle als Alternative zur Kardioversion
„Gelingt es nicht, das Vorhofflimmern zu beseitigen und wieder einen Sinusrhythmus herzustellen, ist auf jeden Fall eine Frequenzkontrolle sinnvoll“, rät Dr. Lunow. Durch Medikamente wird sichergestellt, dass das Herz nicht über 100/min schlägt. Hier können Calciumantagonisten wie Verapamil oder Diltiazem, Betablocker oder Digitalis gegeben werden. Manchmal ist es auch notwendig, diese Medikamente zu kombinieren.
Neue blutverdünnende Medikamente
Alternativ zu Marcumar kann auch das Medikament Dabigatran (Handelsname Pradaxa) mit 2x150 mg/Tag gegeben werden. Unter Pradaxa gibt es etwa 1,1% Schlaganfälle pro Jahr unter Marcumar 1,69%. Die Blutungshäufigkeit bei Marcumar liegt bei 3,3% pro Jahr, bei Pradaxa bei 3,1% pro Jahr. „Ein großes Problem ist, dass dieses Medikament bei Niereninsuffizienz nicht gegeben werden darf, da hierbei die Gefahr einer schweren Blutung besteht“, warnt Dr. Lunow. Deswegen sollte auf jeden Fall vor Therapiebeginn die Nierenfunktion überprüft werden. Bei einer Kreatininclearance unter 30 ml/min darf Dabigatran nicht gegeben werden.
Seit Dezember 2011 ist ein weiteres neues Medikament zur Blutverdünnung auf dem deutschen Markt: Rivaroxaban (Xarelto). Dieses Medikament ist als Schlaganfallvorsorge bei Vorhofflimmern, das nicht auf einem Herzklappenfehler beruht, und zur Prophylaxe von tiefen Beinvenenthrombosen und Lungenembolien zugelassen. Xarelto wird als Tablette eingenommen. Es vermindert die Gerinnung als sog. Faktor-Xa-Hemmer.
„In jedem Fall sollte man auch unspezifische Beeinträchtigungen ernst nehmen und vom Arzt abklären lassen. Nur so lässt sich ein Vorhofflimmern erkennen und die geeignete Maßnahme einleiten“, mahnt Dr. Lunow und empfiehlt regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen.
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Synonyms: Vorhofflimmern