on Sonntag, 01 Juli 2012.
Oftmals entwickeln sich Thrombosen im Stillen. Kommt es jedoch zu einer Embolie, sind die akuten Folgen dramatisch. Grundlage für die Entstehung einer Thrombose ist eine gestörte Blutzirkulation: Ein lokales Blutgerinnsel, ein Thrombus, bildet sich an der Gefäßwand. Veränderungen der Gefäßwände, des Blutstroms oder der Blutzusammensetzung können hierfür verantwortlich sein.
Mechanische Einwirkungen von außen, etwa ein Schlag oder ein Sturz, oder plötzliche Blutdruckschwankungen samt Gefäßerweiterungen können dazu führen, dass der gesamte Thrombus oder ein Teil abgerissen und mit dem Blutstrom fortgeschwemmt wird. Wenn der Thrombus in einen Abschnitt mit enger werdenden Gefäßen gelangt, kommt es zu einer Embolie, einem teilweisen oder vollständigen Verschluss.
„Körpereigene, aber auch fremde Stoffe im Blut können eine Embolie auslösen“, weiß Dr. Reinhold Lunow. Der Internist ist ärztlicher Leiter der Praxisklinik Bornheim nahe Köln und Bonn. „Zu solchen Substanzen zählen Blutgerinnsel bei einer Thrombembolie, Fetttropfen bei der Fettembolie oder auch Luftblasen bei der Gasembolie, zum Beispiel bei der Taucherkrankheit.“ Thrombosen können in jedem Blutgefäß entstehen.
Je nach Ort ihres Auftretens differenziert man venöse und arterielle Thrombosen. Meistens sind die Beinvenen betroffen, wobei man eine oberflächliche Form der Thrombose (Thrombophlebitis) von der tiefen Beinvenenthrombose (Phlebothrombose) unterscheidet. Thromben können auch in Organen auftauchen und dort die versorgenden Arterien verstopfen, zum Beispiel in der Aorta und im Herz. In der Folge kann es zu einem Schlaganfall bzw. einer Lungenembolie kommen, ein Blutgerinnsel in einer Koronararterie einen Herzinfarkt auslösen.
Ein Gefäßverschluss sorgt dafür, dass sich das Blut vor der Verschlussstelle staut. Bei einer Beinvenenthrombose nimmt daher der Umfang des Unterschenkels zu und er verfärbt sich bläulich. Neben Entzündungszeichen kann eine Thrombose starke, ziehende Schmerzen und ein Spannungsgefühl in der betroffenen Extremität verursachen. Im Gegensatz zu solch deutlichen Symptomen äußert sich eine Thrombose in ihrem Anfangsstadium oft gar nicht. Kommt es aber zu einer Embolie, können die Folgen schnell lebensbedrohlich sein. Eine Lungenembolie etwa geht mit Atemnot, blutigem Auswurf, Herzrasen, Herzrhythmusstörungen, atmungsabhängigen Brustschmerzen, Schock und schließlich Herz-Kreislaufstillstand einher.
„Bei einer Thrombose handelt es sich stets um einen Notfall, bei dem möglichst schnell Gegenmaßnahmen vonnöten ist“, warnt Dr. Lunow. „Außerdem gilt es zu beachten, dass, je älter ein Blutgerinnsel ist, die Chancen auf eine vollständige Auflösung des Thrombus umso geringer sind. Allein deshalb sollte man so früh wie möglich mit der Behandlung beginnen.“
Die Ursachen für eine Thrombose sind vielfältig. Meist wirken mehrere Faktoren zusammen: jede Immobilisierung, etwa nach einer Operation bzw. bei Bettlägerigkeit, Gefäßveränderungen wie Krampfadern (Varikosis) oder Entzündungen der Venen (Phlebitis), Erkrankungen wie Herzrhythmusstörungen oder Klappenfehler, Malignome, Adipositas, Diabetes mellitus oder schwere Infektionen. Tritt die Thrombose wie "aus heiterem Himmel" auf, kann sich ein Tumor dahinter verbergen.
Auch Medikamente wie Diuretika oder Neuroleptika können Thrombosen begünstigen. Für Frauen mit bestehender Venenschwäche können Hormonpräparate zur Verhütung (Kontrazeptiva) oder zur Behandlung von Beschwerden in den Wechseljahren das Thromboserisiko erhöhen. Mechanische Ursachen wie langes Sitzen auf Reisen und entsprechend abgeknickte Venen liegen der sogenannten „Flugzeugthrombose" zugrunde. Auch eine erbliche Disposition oder erworbene Veränderungen hinsichtlich der Gerinnungsfaktoren im Blut, etwa aufgrund einer Leberzirrhose, können Ursache sein. Auch ein Wassermangel (Dehydratation) nach schweren Durchfällen ist ein Risikofaktor. Ebenso sind Raucher und Schwangere besonders gefährdet.
„Neben der gründlichen körperlichen Untersuchung liefert ein Blutbild wichtige Informationen über den Zustand des Gerinnungssystems“, so Dr. Lunow. „Schon mit einer einfachen Ultraschalluntersuchung kann man frische und ältere Thromben gut erkennen und das Risiko einer Embolie einschätzen.“ Liegt eine Thrombose vor, muss der Thromboseprozess gestoppt werden, um einer Lungenembolie vorzubeugen und den blockierten Blutfluss wiederherzustellen. Thromben lassen sich, je nach ihrem Zustand und dem Zeitpunkt der Therapie, auf zweierlei Wegen behandeln: mit Medikamenten (Thrombolyse) oder durch einen operativen Eingriff (Thrombektomie). Letzteres ist jedoch nur bis zwei Tage nach dem Venenverschluss möglich.
Beginnt man rechtzeitig mit der Behandlung, sorgt dies in der Regel für ein weitgehend folgenloses Abheilen der Thrombose. Wird die Thrombose jedoch erst spät erkannt, vergrößert sich die Gefahr, chronische Schäden davonzutragen: Krampfadern, geschädigte Venenklappen (postthrombotisches Syndrom) und eine Lungenembolie sind möglich. Darüber hinaus gilt, dass jeder Patient nach einer bereits durchgemachten Thrombose besonders anfällig für ein erneutes Blutgerinnsel (Rezidiv) ist. Insbesondere bei Vorliegen mehrerer Risikofaktoren muss eine konsequente Thrombose-Vorsorge betrieben werden.
Je früher also eine Thrombose erkannt wird, umso besser sind die Heilungschancen. „Besonders wichtig für die Vorsorge ist ein bewusster Lebensstil. Jede Form von Bewegung - ob Schwimmen, Wandern, Radfahren - aktiviert Venen und Muskelpumpe. Daher sollte man immer wieder auf eine Entlastung der Venen achten und auch ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen“, empfiehlt Dr. Lunow. „Im Rahmen unseres Check-ups ermitteln wir das individuelle Risiko, eine Thrombose zu erleiden, und geben genaue Tipps für die richtige Prävention.“
(Bild: Alila/Fotolia.com)