on Mittwoch, 01 Januar 2014.
Je früher die Behandlung beginnt, desto größer sind die Heilungschancen. Schon bei ersten Warnzeichen sollte man handeln, schließlich ist der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache.
Für Mediziner ein Allgemeinplatz, für große Teile der Bevölkerung oft genug noch Neuland: Ein Schlaganfall ist immer ein lebensgefährlicher Notfall. „Bei einem Schlaganfall gehen Gehirnzellen zugrunde. Er tritt meist ganz plötzlich auf. Ursache ist in der Regel ein Gefäßverschluss oder eine Blutung im Gehirn“, erklärt Dr. Reinhold Lunow.
Immerhin mehr als 250.000 Menschen sind deutschlandweit jedes Jahr betroffen. Die Hälfte aller Schlaganfall-Patienten ist älter als 70 Jahre. Männer bis Mitte 80 trifft die Krankheit deutlich häufiger als Frauen. Und selbst junge Menschen und Kinder bleiben nicht verschont.
Nach Herzinfarkt und Krebs ist der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache, denn jeder vierte Patient stirbt innerhalb eines Jahres. Nicht zu vergessen: Er ist die häufigste Ursache für eine mittlere oder schwere Behinderung.
Als Internist und ärztlicher Leiter der Praxisklinik für Vorsorge und Diagnostik in Bornheim nahe Köln und Bonn rät Dr. Lunow daher zu schnellem Handeln: „Bewusstseinsstörungen oder Ausfallerscheinungen in der Motorik zeigen an, dass das Gehirn betroffen ist. Dann ist Eile geboten: Sofort den Notarzt über den Notruf 112 alarmieren und die Krankheitszeichen schildern. Auf keinen Fall sollte man abwarten, ob die Beschwerden sich legen oder verschwinden.“
Der Betroffene kann über plötzliche, erstmalig auftretende sehr starke Kopfschmerzen klagen und plötzlich hinfallen. Es kommt zu Gefühlsstörungen und Lähmungen im Gesicht mit hängendem Mundwinkel, im Arm oder einer Körperhälfte (Halbseitenlähmung). Häufig erschweren Sprachstörungen die Schilderung der Beschwerden: Der Patient ist plötzlich nicht mehr in der Lage, Gesprochenes zu verstehen oder selbst zu sprechen.
Ebenso sind Beeinträchtigungen im Sehvermögen (Doppelbilder), Schwindel und Bewusstseinseintrübungen möglich. Aufgrund der Lähmungen treten häufig Schluckstörungen auf. „Schlaganfallpatienten sollten daher bis zum Eintreffen des Notarztes nichts essen oder trinken und auch keine Medikamente zu sich nehmen“, so Dr. Lunow. In der akuten Notfallsituation ist es wichtig, den Betroffenen zu beruhigen und ihm klar zu machen, dass Hilfe unterwegs ist. Er sollte auf dem Rücken gelagert werden mit leicht erhöhtem Oberkörper.
„Der Schlaganfall, medizinisch auch apoplektischer Insult genannt, führt ganz plötzlich zu einem Ausfall von Gehirnfunktionen, verursacht durch eine Durchblutungsstörung“, sagt Dr. Lunow. Bei rund 80% aller Schlaganfälle verursacht ein Blutgerinnsel (Thrombus) eine Verengung bzw. einen vollständigen Gefäßverschluss (ischämischer Schlaganfall oder Hirninfarkt). Die Gehirnbereiche, die in der Blutversorgung hinter der Engstelle liegen, sind plötzlich von der Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen abgeschnitten. Die unmittelbare Folge: Nervenzellen sterben ab.
Ein Thrombus kann sich im Laufe der Zeit innerhalb des Gefäßsystems bilden. „Ein solcher Blutpfropf entsteht in den großen, zum Gehirn führenden Gefäßen oder auch im Herzen, wenn sich Blutplättchen aneinanderlegen. Leidet der Betroffene an Herzrhythmusstörungen, kann sich der Thrombus von der Gefäßwand ablösen und mit dem Blutstrom ins Gehirn wandern. Dort bleibt er in den engeren Gefäßen hängen und verstopft sie“, erklärt Dr. Lunow den Zusammenhang. Dementsprechend zählen Herzerkrankungen, vor allem Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern), ein überstandener Herzinfarkt oder Herzklappenfehler zu den Risikofaktoren.
Auch eine Blutung in das Gehirngewebe, ein sogenannter hämorrhagischer Infarkt, kann einen Schlaganfall auslösen. Ursache ist oft eine Schwächung der Gefäßwände durch Arteriosklerose oder strukturelle Veränderungen, etwa ein Aneurysma, eine krankhafte Erweiterung bzw. Aussackung.
„Das Gefäß platzt auf, weil die Gefäßwand dem erhöhten Blutdruck nicht mehr Stand hält“, so Dr. Lunow. Auch eine Subarachnoidalblutung kann einen Schlaganfall herbeiführen, wenn ein arterielles Gefäß platzt und Blut in den Raum zwischen Gehirn und weicher Hirnhaut (Arachnoidea) fließt.
Je schneller der Schlaganfall-Patient medizinisch versorgt wird, umso größer sind seine Überlebens- und Heilungschancen. Bei einem Gefäßverschluss sollte innerhalb von drei Stunden nach Auftreten der ersten Krankheitszeichen mit einer Lyse-Behandlung begonnen werden, um den Thrombus aufzulösen.
Dies geschieht optimalerweise in einer „Stroke Unit": einem auf akute Schlaganfälle spezialisierten Zentrum, in dem Neurologen, Internisten, Angiologen und Kardiologen zusammenarbeiten. Hier wird die genaue Ursache für den Schlaganfall durch bildgebende Verfahren wie Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) festgestellt.
Manchmal verspüren die Betroffenen nur kurze, vorübergehende Ausfallerscheinungen. Mediziner sprechen dann von einer transitorisch ischämischen Attacke (TIA). „Auch solche Warnsignale muss man ernst nehmen und unbedingt sofort ärztlich abklären lassen, da sie Vorboten eines Schlaganfalls sein können“, sagt Dr Lunow.
Weitere Warnzeichen sind eine kurz andauernde Lähmung, Schwäche oder Taubheit einer Körperhälfte, ein kurzes Erblinden auf einem Auge (Amaurosis fugax) oder Sehstörungen mit einer Einschränkung des Gesichtsfeldes. Auch kurzzeitiger Drehschwindel, Unsicherheit beim Gehen oder Gleichgewichtsstörungen müssen sofort untersucht werden.
Zu den beeinflussbaren Risikofaktoren des Schlaganfalls zählen Bluthochdruck (Hypertonie), Rauchen und die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus). Störungen der Blutgerinnung, Fettstoffwechselstörungen, Übergewicht, Schlafapnoe, übermäßiger Alkoholkonsum, Migräne, Dauer-Stress und Bewegungsmangel erhöhen das Risiko.
„Ein gesunder Lebensstil mit einer ausgewogenen Ernährung und regelmäßiger Bewegung wirkt erhöhten Werten bei Blutdruck, Blutfetten und Blutzucker entgegen“, so Dr. Lunow. „Auch die familiäre Disposition muss berücksichtigt werden. Ist in der Familie bereits ein Schlaganfall aufgetreten, sollte man unbedingt zur Vorsorge gehen und einen Herz- und Gefäß-Gesundheits-Check-up machen. Nur wenn man sein individuelles Risiko kennt, kann man wirksam gegensteuern.“
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