on Dienstag, 01 Juli 2014.
Warum man seinen Harnsäure-Wert kontrollieren lassen und eine erhöhte Konzentration behandeln sollte.
Gicht ist eine Stoffwechsel-Erkrankung, die durch eine erhöhte Harnsäure-Konzentration (Hyperurikämie) im Blut ausgelöst wird. Sie verursacht zunächst keine Beschwerden, stellt jedoch einen erheblichen Risikofaktor für die Entwicklung schwerer Erkrankungen dar.
Überschreitet die Harnsäurekonzentration einen bestimmten Wert, können sich Harnsäurekristalle in verschiedenen Körperteilen ablagern. Besonders betroffen sind Gelenke (großer Zeh, Knie- und Ellenbogen, Hand- und Fingergelenke) und die Nieren. Gestörte Nierenfunktion, Nierenentzündung und Bluthochdruck sind häufig die Folgen.
„Ein Harnsäurewert bis 7 mg/dl ist noch normal. Findet sich über einen längeren Zeitraum zuviel Harnsäure im Blut, lagert der Organismus die überschüssige Harnsäure als Kristalle ab. Es kann zu Gelenkentzündungen kommen, oft spontan als sehr schmerzhafter Gichtanfall. Bei Ablagerungen in den Nieren bilden sich Nierensteine“, erklärt Dr. Reinhold Lunow, ärztlicher Leiter der Praxisklinik Bornheim zwischen Köln und Bonn.
Harnsäure entsteht im menschlichen Körper als Endprodukt des Abbaus von Purinen. Diese fallen einerseits während des normalen Zellstoffwechsels an, andererseits nimmt der Mensch Purine mit der Nahrung auf. Unser Körper kann Harnsäure nicht weiterverwenden und scheidet sie deshalb über die Nieren und den Darm aus. Normalerweise besteht zwischen Bildung und Ausscheidung von Harnsäure ein physiologisches Gleichgewicht. Scheiden die Nieren jedoch weniger Harnsäure aus oder entstehen größere Mengen an Harnsäure, als ausgeschieden werden, ist dieses Gleichgewicht gestört und der Harnsäurespiegel steigt an.
Ursachen für einen erhöhten Harnsäure-Wert sind bestimmte Krankheiten, bei denen etwa ein vermehrter Zellabbau oder Zellumbau auftritt, wie Blutkrebs oder Schuppenflechte, außerdem Nierenerkrankungen und Typ-2-Diabetes. Erhöhter Alkoholkonsum vermindert die Ausscheidung von Harnsäure über die Nieren, die Harnsäurekonzentration im Blut steigt. Auch wer viel Fleisch isst, vor allem Innereien, riskiert, an Gicht zu erkranken. Ebenso können bestimmte Medikamente den Wert erhöhen, z. B. Abführmittel, wassertreibende Mittel (Diuretika), Arzneimittel gegen Tuberkulose oder Krebs sowie niedrig dosiertes Aspirin.
„Die Veranlagung für Gicht ist erblich. Aber unsere Ernährung hat einen großen Einfluss darauf, wie eine Hyperurikämie verläuft. Gicht gilt als Wohlstandskrankheit, die häufig in Kombination mit Übergewicht, Diabetes mellitus, erhöhten Blutfettwerten und Bluthochdruck auftritt“, so Dr. Lunow. In jedem Fall sollte man auf den Purin-Gehalt seiner Nahrung achten und seine Ernährungsgewohnheiten mit dem Arzt abstimmen, so der Internist.
Mit steigenden Harnsäure-Werten nimmt das Risiko für einen Gichtanfall zu. Der erste Gichtanfall tritt meist nachts auf, ausgelöst durch ein reichhaltiges Essen, starken Alkoholkonsum, ungewohnte Anstrengung oder eine Infektionskrankheit. Man wacht mit sehr starken Schmerzen in einem einzelnen Gelenk auf. Unbehandelt kann ein Gichtanfall mehrere Tage dauern. Dabei treten am betroffenen Gelenk auch starke Entzündungszeichen auf.
„Bei Verdacht auf Gicht führen wir in unserer Praxisklinik standardmäßig eine labormedizinische Untersuchung der Harnsäure-Konzentration in Blut und Urin durch“, beschreibt Dr. Lunow die Diagnostik. Bei erhöhten Werten wird die Ernährung auf den Prüfstand gestellt. „Wer übergewichtig ist, sollte durch einen veränderten Speiseplan und mehr körperliche Aktivitäten sein Normalgewicht anstreben“, empfiehlt der Experte. „Hierzu unterstützen wir unsere Patienten in der Praxisklinik für Diagnose und Prävention mit einer modernen Ernährungsberatung.“
Je nach Schwere der Erkrankung kommen zusätzlich Medikamente zum Einsatz, die den hohen Harnsäurewert senken: entweder durch die vermehrte Ausschwemmung der Harnsäure über die Nieren oder durch Verringerung der Harnsäure-Produktion im Körper. Mit einer medikamentösen Therapie gelingt es in vielen Fällen auch, bereits vorhandene Ablagerungen abzubauen.
Bleiben erhöhte Harnsäure-Spiegel über Jahre unentdeckt, steigt das Risiko, eine chronische Gicht und mit bleibenden Schäden an Organen und Gelenken zu entwickeln. Dann lagern sich Harnsäurekristalle in den sogenannten Gichtknoten (Tophi) ab, unter der Haut oder in Gelenknähe an Händen und Füßen. Der anhaltende Entzündungsreiz kann eine chronische Arthritis (Gelenkentzündung) mit Gelenkdegeneration (sekundäre Arthrose) zur Folge haben. Dauerhafte Entzündungsprozesse schädigen auch die Innenwände der Blutgefäße, was mit einem erhöhten Risiko für Herz- und Gefäßerkrankungen, etwa Herzinfarkt und Schlaganfall, verbunden ist.
Daher sollte man mögliche Anzeichen ernst nehmen. „Wer häufig und mitunter über Tage Schmerzen in Wirbelsäule, Wade, Oberschenkeln oder Nacken verspürt, Schmerzen und ein Druckgefühl in der Nierengegend, sollte seinen Harnsäurewert checken lassen“, empfiehlt Dr. Lunow. „Auch ein gestörtes Allgemeinbefinden mit nervöser Übererregbarkeit, Abgeschlagenheit und Blähungen kann Vorbote eines akuten Gichtanfalls sein und sollte abgeklärt werden.“
(Bild: Airborne77/Fotolia.com)