on Dienstag, 01 November 2016.
Fast jeder vierte Erwachsene leidet unter der allergischen Rhinitis. Bleibt der Heuschnupfen unbehandelt, steigt das Risiko, an Asthma bronchiale zu erkranken. Je früher die Therapie einsetzt, umso größer sind die Erfolgsaussichten.
Schon wenige Pollenkörner etwa von Hasel, Erle oder Birke reichen aus, um bei einem Allergiker heftige Reaktion des Immunsystems auszulösen. Nach dem Erstkontakt mit dem betreffenden Allergen werden beim nächsten Kontakt Histamine im Körper freigesetzt, die zu einer Abwehrreaktion führen. Betroffen sind vornehmlich die Schleimhaut der Nase und die Bindehaut der Augen. Es kommt zu einer Entzündung mit angeschwollenen Schleimhäuten, Tränenfluss, Fließschnupfen und Niesattacken.
Allergien gegen Pollen sind weiter auf dem Vormarsch und können weitere Allergien nach sich ziehen (atopischer Marsch). „Fast jeder 4. Erwachsene leidet heute unter Heuschnupfen, der sogenannten allergischen Rhinitis. Erfolgt keine angemessene Behandlung, entwickelt sich daraus nach wenigen Jahren oft ein allergisches Asthma“, berichtet Dr. Reinhold Lunow aus der Praxisklinik für Diagnostik und Präventivmedizin in der Nähe von Köln und Bonn. Unbehandelt wird bei schätzungsweise 30 % der Betroffenen innerhalb von 10 Jahren aus einer allergischen Rhinitis ein Asthma bronchiale.
Reagiert der Körper empfindlich auf Blütenstaub, produziert das Immunsystem Antikörper (IgE), die sich gegen dieses Allergen richten. Beim Heuschnupfen setzen sich vernetzte IgE-Antikörper auf Immunzellen in der Nasenschleimhaut fest. Es kommt zu einer Entzündungsreaktion. Entzündungsstoffe wie Histamin, Tryptase, Leukotriene und Prostaglandine werden ausgeschüttet, welche die Blutgefäße erweitern, die Produktion von Nasensekret anregen und die feinen Nervenfasern in der Schleimhaut reizen. Juckreiz und Rötung stellen sich ein, die Nase schwillt zu. Darüber hinaus sind Mund und Rachen, Nebenhöhlen (Sinusitis) und die Bindehaut der Augen (Konjunktivitis) betroffen.
Die Spannweite der Heuschnupfen-Beschwerden ist groß. Für manche Betroffene sind sie nur lästig und klingen nach der Pollenzeit von selbst rasch ab. Andere hingegen leiden massiv unter einer Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität: Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, eingeschränktes Hörvermögen und grippeähnliche Beschwerden verstärken sich bei ihnen zu einem allgemeinen Krankheitsgefühl. Daraus resultieren oft Schwäche, Müdigkeit und Abgeschlagenheit.
Bleibt der Entzündungsprozess unbehandelt, kann er sich ausbreiten. Weitere Immunzellen setzen Abwehrstoffe in der Nasenschleimhaut frei, woraufhin Zellen absterben. „Es bilden sich Mikro-Narben in der Schleimhaut, wodurch sich ihre Struktur verändert: Flimmerhärchen und die Schleimhaut-Drüsen gehen verloren. Die Nase verliert ihre Filterfunktion, die Atemluft wird nicht mehr angewärmt und befeuchtet“, sagt der Internist Dr. Lunow.
Das erlaubt vielen Schadstoffe, sich über die Atemluft in Bronchien und Lunge auszubreiten. Es kommt zu einem sogenannten Etagenwechsel: Aus dem saisonalen Heuschnupfen der oberen Atemwege entwickelt sich ein chronisches, heute noch unheilbares Asthma bronchiale in den unteren Atemwegen. Der Kontakt zu Allergenen lässt dann die Atemmuskulatur verkrampfen. Die Schleimhäute der Bronchien produzieren vermehrt Schleim, der wiederum die Atemwege verengt. Bleibt die Entzündung unbehandelt, verringert sich die Lungenfunktion: Das Lungengewebe wird steifer und das Atmen fällt deutlich schwerer.
Damit aus einem Heuschnupfen kein Asthma bronchiale wird, sollte man frühzeitig die Therapie der allergischen Rhinitis angehen. Diese besteht aus der Vermeidung des Allergens, der medikamentösen Behandlung und einer Hyposensibilisierung.
Gerade bei einer Pollenallergie ist die vollständige Karenz des Allergens oft kaum möglich. Akut und hochwirksame entzündungshemmende Medikamente wie abschwellende Nasentropfen oder Nasensprays (Dekongestiva) eignen sich zur ersten Linderung. Sie wirken rein symptomatisch. Über einen längeren Zeitraum können sie die Nasenschleimhaut schädigen und sollten daher nur wenige Tage angewendet werden.
Antihistaminika schwächen die Wirkung des körpereigenen Botenstoffs Histamin ab bzw. heben sie ganz auf. Sie können örtlich in Nase bzw. Augen verabreicht werden oder stehen für den systemischen Einsatz als Tabletten, Tropfen und Saft zur Verfügung.
Gegen Heuschnupfen und asthmatische Beschwerden helfen im Notfall auch Glukokortikosteroide (GKS). Kortisonpräparate verringern die Schleimproduktion, hemmen die allergische Reaktion und vermindern die Überempfindlichkeit der Bronchien. Während lokal eingesetzte Cortisonsprays unbedenklich sind, bergen systemisch wirkende Cortisontabletten auf Dauer das Risiko schwerer Nebenwirkungen (z. B. Diabetes mellitus, Osteoporose).
„Cortison sollte die Ausnahme für den Notfall sein und erst nach einem Gesundheits-Check-up eingesetzt werden. Auch mit Naturheilverfahren lässt sich eine Allergie erfolgreich eindämmen“, so Dr. Lunow. Mit bestimmten Verfahren der Traditionellen Chinesischen Medizin, der mikrobiologischen Therapie (Symbioselenkung), Entspannungsverfahren sowie der Behandlung mit Vitalstoffen (orthomolekulare Therapie) hat der ärztliche Leiter der Praxisklinik positive Erfahrungen gemacht.
Die Behandlung mit Medikamenten ist auf die Symptome beschränkt und führt nicht zu einer Heilung von der Allergie. Nach dem Absetzen treten die Beschwerden erneut auf, weshalb Betroffene jedes Jahr mit Beginn der Pollenflugsaison die lindernden Wirkstoffe erneut einnehmen müssen.
Eine ursächliche Therapie verspricht die spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung, SIT), um das Allergen eindeutig zu identifizieren und die allergische Reaktion langfristig auszuschalten. Rund 80 % der Pollenallergiker sprechen auf eine Hyposensibilisierung an.
Dabei werden in zunehmenden zeitlichen Abständen steigende Dosen des jeweiligen Allergens unter die Haut gespritzt. „Ziel dieser Methode ist es, die Überempfindlichkeit gegenüber dem Allergen abzubauen: Die Gewöhnung an das Allergen soll für die Zukunft eine überschießende Reaktion des Immunsystems verhindern“, sagt Dr. Lunow.
Eine Hyposensibilisierung dauert in der Regel ein bis drei Jahre. Inzwischen kann sie auch mit Tabletten durchgeführt werden. Vor allem Kinder und Jugendliche profitieren von dieser Therapie. Aber auch Erwachsene, wenn mit der Behandlung möglichst bald nach Auftreten der Allergie begonnen wird.
(Bild: Fotolia.com-Detailblick-foto)