on Thursday, 01 November 2012.
Was gemeinhin verharmlosend als Altersdiabetes bezeichnet wird, trifft mittlerweile immer häufiger auch jüngere Menschen: Bereits Kinder und Jugendliche erkranken heute an Diabetes mellitus, der Zuckerkrankheit.
Was gemeinhin verharmlosend als Altersdiabetes bezeichnet wird, trifft mittlerweile immer häufiger auch jüngere Menschen. Bereits Kinder und Jugendliche erkranken heute an Diabetes mellitus, der Zuckerkrankheit. Dabei handelt es sich um eine chronische Störung des Stoffwechsels, bei der die Blutzuckerkonzentration zeitweise oder ständig erhöht ist.
Tückisch ist diese Erkrankung, weil sie jahrelang keine fassbaren Symptome verursacht. Die Folgeschäden sind jedoch dramatisch und bisweilen unumkehrbar. „Der Typ-2-Diabetes wird oft erst spät erkannt, nicht ernst genommen oder unzureichend behandelt“, so Dr. Reinhold Lunow, Internist und ärztlicher Leiter der Praxisklinik Bornheim nahe Köln und Bonn. Der Spezialist für Diagnose und Präventivmedizin warnt: „Patienten neigen oft trotz Aufklärung und Schulung zur Verdrängung, da spürbare Einschränkungen der Gesundheit häufig erst dann auftreten, wenn sich akute, teils irreversible Schäden äußern.“
Denn im Gegensatz zum Typ-1-Diabetes geht der Typ-2-Diabetes eher selten mit einer Gewichtsabnahme und nur bei massiv erhöhten Blutzuckerwerten mit vermehrtem Wasserlassen und Durstgefühl einher. Gerne treten unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Schwäche, Sehstörungen und Infektneigung, etwa häufige Blasenentzündungen, auf.
„In der Regel ist sowohl eine zu geringe Produktion des Hormons Insulin als auch ein zu geringes Ansprechen der Körperzellen auf Insulin die Ursache der Diabetes-Erkrankung“, erklärt Dr. Lunow. Zu Beginn der Erkrankung produziert die Bauchspeicheldrüse meist noch genügend Insulin. Muskel-, Leber- und Fettzellen werden jedoch zunehmend unempfindlich, es entwickelt sich eine Insulinresistenz. Die Bauchspeicheldrüse versucht dies auszugleichen, indem sie noch mehr Insulin produziert.
„Deshalb können die Insulinwerte im Blut von Typ-2-Diabetikern durchaus normal oder gar erhöht sein, im Verhältnis zu den Blutzuckerwerten ist trotzdem zu wenig Insulin vorhanden – es herrscht ein relativer Insulinmangel“, weiß Dr. Lunow. Werden die Körperzellen im Laufe der Zeit immer unempfindlicher, kann die Bauchspeicheldrüse dies nicht mehr ausgleichen.
Die unmittelbare Folge ist ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerwert (Hyperglykämie), denn der Zucker (Glucose) wird wegen der Insulinunempfindlichkeit nicht in ausreichendem Maße von der Blutbahn in die Körperzellen überführt. Vor allem das Fettgewebe der Bauchhöhle (Bauchfett) verringert zusätzlich die Wirkung des Insulins – ein Zusammenhang, der sich direkt auf Herz, Leber, Muskeln und Arterien auswirkt. Es kommt zu Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck und Gefäßschäden (metabolisches Syndrom), Herzinfarkt, Schlaganfall, Niereninsuffizienz und Erblindung drohen. Stellt die Bauchspeicheldrüse die Insulinbildung schließlich ganz ein, kommt es zu einem absoluten Insulinmangel. Der Patient ist gezwungen, dies durch Insulingabe auszugleichen.
Übergewicht und körperliche Inaktivität zählen dementsprechend zu den Risikofaktoren, welche die Entstehung des Typ-2-Diabetes begünstigen. Hinzu kommen Faktoren wie Erbanlagen, Medikamente (z. B. Kortison, harntreibende Mittel, Blutdrucksenker wie Betablocker, Ovulationshemmer, Antidepressiva). Ebenso kann die Zuckerkrankheit durch eine Schwangerschaft, Lebererkrankungen, körperlichen Stress oder andere Hormonstörungen ausgelöst werden.
„Dieser Diabetes-Typ entwickelt sich meist langsam, es können 5 bis 10 Jahre vergehen“, so Dr. Lunow. „Während dieser Zeit können Blutgefäße und Nervenbahnen bereits geschädigt werden. Außerdem treten Infektionen, etwa an der Haut und den äußeren Geschlechtsorganen auf, die mit starkem Juckreiz verbunden sein können. Daher ist eine frühzeitige Diagnose durch den Arzt im Rahmen eines gründlichen Check-up so wichtig.“
Dabei wird u. a. der Blutzuckerwert untersucht. Die Bestimmung der mittleren Blutzuckerlage erfolgt über das Hämoglobin A1c (HbA1c). Dieser Wert gibt Auskunft über den Behandlungserfolg eines bekannten Diabetes. Hinzu kommt die Bestimmung von Zucker und Eiweiß im Urin. „In unserer Praxisklinik überprüfen wir auch Cholesterin und Blutfette (Triglyzeride), schließen Bluthochdruck und eine Störung des Fettstoffwechsels aus“, berichtet Dr. Lunow. „Zu unserem umfassenden Check-up zählt auch die Untersuchung auf typische Organschäden an Augen, Nieren, Nervensystem und Blutgefäßen.“
Um dem Entstehen der Zuckerkrankheit einen Riegel vorzuschieben, sollte der Patient also Übergewicht vermeiden, etwa durch eine vielseitige und a und regelmäßige Bewegung. Allein so lassen sich erhöhte Insulinwerte im Blut und eine drohende Insulinresistenz oftmals in den Griff kriegen.
„Typ-2-Diabetes ist eine typische Zivilisationskrankheit. Sie zählt zu den häufigsten Todesursachen und ist nicht heilbar. Daher sollte man unbedingt frühzeitig auf Prävention setzen: mit einer gesunden Lebensweise und regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen“, rät Dr. Lunow.
(Fotos: Dmitry Lobanov; JPC-PROD/Fotolia.com)