on Wednesday, 01 October 2014.
Diagnose, Prävention und Therapie des Eisenmangels sind daher von großer Bedeutung. Bei der Diagnose helfen nun neue Zielwerte für das Ferritin, ein Eiweiß, das Eisen speichert.
Es mag erstaunen, dass selbst in den Wohlstandsgesellschaften noch Mangelerscheinungen auftreten und bedeutsam werden. Bei der Eisenmangelanämie ist dies der Fall: 1-2 Prozent der erwachsenen Bevölkerung sind hiervon betroffen. Ein reiner Eisenmangel ohne Nachweis einer Anämie (Blutarmut) liegt schon bei 11 % der gebärfähigen Frauen und 4 % der Männer vor. Auch bei vielen Kindern und Jugendlichen lässt sich eine Unterversorgung nachweisen.
Als Gründe nennen Experten vor allem zwei Faktoren: veränderte Ernährungsgewohnheiten mit Verzicht auf tierisches Eiweiß sowie Eisenverlust im Rahmen von Blutverlusten, hier vor allem Menstruationsblutungen.
Eisen ist ein lebenswichtiger Mineralstoff und Bestandteil des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin, des Muskelfarbstoffs Myoglobin sowie verschiedener Enzyme. Es bindet den Sauerstoff im Blut und in der Muskulatur und transportiert ihn zu den einzelnen Körperzellen. Eisen wird durch das Eiweiß Ferritin gespeichert. Das sogenannte Transferrin, ebenfalls ein Eiweiß, transportiert das Eisen im Blut.
Menschen mit Eisenmangel leiden klassischerweise unter Symptomen wie Schwäche, Schwindel, verminderter Leistungsfähigkeit, Kopfschmerzen und Reizbarkeit. Aber sogar Ohnmacht und eingeschränkte Herzfunktionen sind möglich. Daher sind Vorsorge, Diagnose und Therapie des Eisenmangels von großer Bedeutung.
„Unser Körper ist auf eine regelmäßige Eisenzufuhr über die Nahrung angewiesen, um leistungsfähig zu bleiben“, sagt Dr. Reinhold Lunow, Internist und ärztlicher Leiter der Praxisklinik Bornheim zwischen Köln und Bonn.
„Der Eisenbestand im Körper beträgt normalerweise 3–5 g, wovon sich zwei Drittel im Hämoglobin der roten Blutkörperchen, der Erythrozyten, befinden. Täglich werden 25 mg Eisen für die Neubildung der Erythrozyten benötigt. Normalerweise wird dieser Bedarf durch Recycling von Eisen aus dem Abbau alter Erythrozyten gedeckt. Nach Blutverlusten, etwa durch starke Menstruationsblutungen, braucht der Körper mehr Eisen für die Neubildung von Erythrozyten, als er aus dem Abbau alter Erythrozyten gewinnt. Dann greift er auf das an Ferritin gebundene Speichereisen in Leber, Milz und Knochenmark zurück. Ein deutlich erniedrigter Ferritinwert ist daher immer Ausdruck eines Eisenmangels.“
Umgekehrt schließt ein normaler oder erhöhter Ferritinwert einen Eisenmangel nicht aus. Denn Ferritin ist ein Akute-Phase-Protein, das bei einer Entzündungsreaktion verstärkt freigesetzt werden kann, unabhängig von der Eisenkonzentration.
Ein weiteres Problem bei der Diagnose des Eisenmangels: Bei der bislang angenommenen unteren Ferritin-Konzentrationsgrenze von maximal 12 Nanogramm je Milliliter (ng/ml) Blut sind nicht nur die Eisenspeicher des Körpers bereits vollkommen erschöpft, eine Therapie also längst angezeigt. Auch die Diagnose selbst ist bei dieser Konzentration nur eingeschränkt möglich. Die Sensitivität, sprich die Sicherheit, den Eisenmangel überhaupt festzustellen, liegt bei nur 59 %. Dazu Dr. Lunow, Experte für Diagnostik: „Studien haben gezeigt, dass mit einem unteren Zielwert für Ferritin von 30 ng/ml die Sicherheit für eine richtige Diagnose auf 92 % steigt. In diesem Bereich sind auch die Eisenvorräte des Körpers noch nicht aufgebraucht, sodass man rechtzeitig gegensteuern kann.“
Eisen ist vor allem in Fleisch, Innereien, Getreide, Brot, Gemüse und Hülsenfrüchten enthalten. Um einem Eisenmangel vorzubeugen, sollte die tägliche Eisenzufuhr über die Nahrung je nach Alter und Geschlecht 10-15 mg betragen. Von dieser Menge nimmt der Körper jedoch nur etwa 1-1,5 mg hauptsächlich über den Zwölffingerdarm auf.
Neben den genannten Menstruationsblutungen kann es auch bei Schwangerschaft und Stillzeit, nach Blutspenden, bei wiederkehrendem (rezidivierendem) Nasenbluten, einem Unfall oder einer Operation zu Eisenmangel kommen. Ebenso geht dem Körper Eisen verloren bei fortdauernden inneren Blutungen, die oft unbemerkt ablaufen, etwa im Magen-Darm-Trakt, bei Tumoren oder bei Blut im Urin. Überdies kann bei Magen-Darmerkrankungen die Eisenaufnahme gestört sein, wenn zu wenig Magensäure gebildet wird.
Zudem leiden Vegetarier oft unter Eisenmangel, da Eisen aus pflanzlichen Rohstoffen vom Darm schlechter aufgenommen wird als aus tierischen Lebensmitteln.
„Auch Sportler, die extremen Ausdauersport betreiben, sind von einem Eisenmangel bedroht, wenn sie sich gerne hypokalorisch und eiweißarm ernähren“, erläutert der Internist Dr. Lunow. „Außerdem stellen sich bei extrem langen Läufen Mikroblutungen im Darm und in der Harnblase ein. Eisenverluste über den Schweiß spielen hingegen nur eine untergeordnete Rolle und werden vom Körper selbstständig ausgeglichen.“
Hinzu kommen manche Medikamente, die die Eisenaufnahme beeinträchtigen und damit den Eisenhaushalt stören können: Salicylate (Azetylsalicylsäure), Magenentsäuerungsmittel (Antazida), Mittel zur Cholesterinsenkung (Clofibrate) sowie Medikamente zur Behandlung von Harnsteinen (Ionenaustauscher).
Für die sichere Diagnose klärt Dr. Lunow zunächst, wie das individuelle Verhältnis von Eisenbedarf und –zufuhr ist. Zur Anamnese zählt auch die Frage nach möglichen Ursachen für eine gestörte Eisenaufnahme oder einem übermäßigen Verlust. Nach einer einfachen Blutabnahme und der Laboruntersuchung herrscht schnell Klarheit. Neben dem Ferritinwert werden hierbei weitere Entzündungsparameter bestimmt, etwa der Wert des C-reaktiven Proteins (CRP).
Zwar stehen zur Behandlung eines Eisenmangels zahlreiche Eisenpräparate als Tabletten, Brausetabletten, Kapseln, Tropfen oder Saft zur Verfügung. Jedoch warnt Dr. Lunow vor dem eigenmächtigen und unkontrollierten Einsatz solcher Mittel.
„Auf keinen Fall sollte man auf eigene Faust und ohne ärztliche Kontrolle zu Eisenpräparaten greifen. Sie können Magen-Darm-Beschwerden verursachen und den Stuhl schwarz färben. Nimmt man zu viel ein, riskiert man sogar Vergiftungserscheinungen mit Erbrechen, Durchfall, Kreislaufkollaps, Blutungen sowie Leber- und Nierenschäden,“ so Dr. Lunow. „Vor der Einnahme steht in jedem Fall die ärztliche Beratung und Diagnose.“
(Bild: Alexander Raths/Fotolia)